Maschinelle Übersetzungstechnologien werden immer beliebter – was bedeutet das für freiberufliche Übersetzer:innen?

Nicole Loney 20. Dez. 2020 Lesezeit: 6 Min.

In einem Blogpost im Juli haben wir einen wichtigen Meilenstein für unsere maschinelle Übersetzung bekannt gegeben: Seit der Einführung unserer Technologie für neuronale maschinelle Übersetzung im November 2019 wurden damit über 100 Millionen Wörter in Trados Studio übersetzt. Darauf war unser gesamtes Team sehr stolz. Und das durchschnittliche monatliche Volumen steigt kontinuierlich an: Mittlerweile werden pro Monat mehr als 100 Millionen Wörter in Studio übersetzt. Diese Zahlen zeigen, dass unsere maschinelle Übersetzungstechnologie immer häufiger zum Einsatz kommt – und dieser Trend wird sich weiter fortsetzen.

Dies mag für viele nicht überraschend sein: NMT ist schließlich kein Modewort, sondern wird bereits von „den Massen“ verwendet. NMT hilft Übersetzer:innen, ihre Produktivität zu steigern – genauso wie damals die Einführung von Translation Memory (TM)-Technologie.

In den letzten Jahren hat sich die Qualität der maschinellen Übersetzung dank der Einführung von NMT-Technologie deutlich verbessert. Dadurch ergeben sich neue Chancen für die gesamte Lieferkette. Sprachdienstleister und Unternehmen haben nun die Möglichkeit, größere Mengen an Inhalten zu übersetzen. Darüber hinaus können sie es sich jetzt leisten, Inhalte zu übersetzen, die sie bisher vielleicht nicht in Betracht gezogen haben. 

Freiberufliche Übersetzer:innen erhalten immer häufiger Aufträge, bei denen es um das Post-Editing maschineller Übersetzungen geht. Allerdings ist ihre Einstellung gegenüber solchen Aufträgen nach wie vor gemischt. Obwohl die Übersetzerproduktivität durch hochwertige maschinelle Übersetzungen gesteigert werden kann, zögern viele freiberufliche Übersetzer:innen, diese Technologie einzusetzen. Aber warum?

Die Herausforderung für freiberufliche Übersetzer:innen

Vielen fällt es schwer, einen guten MT-Anbieter zu finden, denn nicht alle Anbieter liefern in allen Sprachen hervorragende Qualität. Darüber hinaus sind maschinelle Übersetzungen nicht für alle Arten von Inhalten geeignet. Auch in Bezug auf die Bezahlung gibt es Vorbehalte, denn häufig liegen die Preise für das Post-Editing maschineller Übersetzungen deutlich niedriger als für herkömmliche Übersetzungen. Viele Übersetzer:innen befürchten auch, dass sie irgendwann durch maschinelle Übersetzungstechnologien ersetzt werden könnten. 

Ähnliche Ergebnisse lieferte auch eine kürzlich von CSA Research durchgeführte Umfrage: Nur 37 % der Befragten gaben an, dass die Qualität der maschinell übersetzen Inhalte gut ist. 81 % derjenigen, die PEMT-Aufträge annehmen, berichteten außerdem, dass die MT-Qualität je nach Kunde stark variiert. Wenn sich die Qualität der maschinellen Übersetzung von Anbieter zu Anbieter und von Kunde zu Kunde derart unterscheidet, ist es nicht verwunderlich, dass viele freiberufliche Übersetzer:innen solche Aufträge nur ungern annehmen und auf MT als zusätzliche Übersetzungsressource verzichten.

Doch warum nimmt dann die Verbreitung von MT zu?

Trotz der Vorbehalte in Bezug auf die Verwendung maschineller Übersetzungen nutzen auch immer mehr freiberufliche Übersetzer:innen diese Technologie. Die Gründe dafür sind vielfältig. 

Zum einen hat sich die Qualität der maschinellen Übersetzung in den letzten zehn Jahren stark verbessert. Dank der Einführung neuronaler maschineller Übersetzung fließt die unbearbeitete MT-Ausgabe deutlich besser, und selbst bei komplexen Sprachen werden hochwertigere Ergebnisse erzielt. Auch unsere maschinelle Übersetzung kommt immer häufiger zum Einsatz und wird von Trados Studio-Benutzer:innen bevorzugt verwendet (52 % der in Studio maschinell übersetzten Wörter stammen von unserer MT-Lösung). Übersetzer:innen erkennen die Vorteile dieser Technologien und nutzen sie vielfach als Inspiration für Begriffe oder Ausdrücke, die ihnen sonst vielleicht nicht eingefallen wären. Maschinelle Übersetzung schränkt also die Kreativität nicht ein, sondern kann sie sogar fördern. 

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit maschineller Übersetzung zu arbeiten: So kann man z. B. nur MT verwenden oder sie mit einer Übersetzungssoftware (CAT-Tool) kombinieren. Letzteres bietet Benutzer:innen noch mehr Flexibilität bei der Arbeit. In Trados Studio beispielsweise können Sie über 50 verschiedene Anbieter maschineller Übersetzung nutzen – Sie haben also die Qual der Wahl. Darüber hinaus können Benutzer:innen entscheiden, ob sie ihre Dateien mit MT vorübersetzen oder während des Übersetzens AutoSuggest-Fragmente aus der Engine für maschinelle Übersetzung verwenden.

Durch die Kombination hochwertiger MT mit einem CAT-Tool können Benutzer:innen ihre Produktivität weiter steigern und so Aufträge schneller liefern. Und das wiederum bedeutet, dass sie mehr Aufträge annehmen können. Dies bestätigt auch eine Fokusgruppe von freiberuflichen Übersetzer:innen bei Trados: Seitdem die Übersetzer:innen MT einsetzen, konnten sie sowohl bei der Anzahl der Aufträge, die sie übernehmen können, als auch beim Einkommen einen Anstieg verzeichnen.

Darüber hinaus haben wir Anfang dieses Jahres eigene Untersuchungen durchgeführt, um die Wahrnehmung des Marktes besser zu verstehen. Unsere Umfrage Wohin gehen die Trends in der Übersetzungsbranche? hat der Branche auf den Puls gefühlt. Die im April 2020 veröffentlichten Ergebnisse bestärken uns in der Überzeugung, dass MT zunehmend Verbreitung findet. Auf die Frage, in welche bisher nicht von ihnen verwendete Übersetzungssoftware sie im nächsten Jahr investieren möchten, nannten 50 % der befragten Sprachdienstleister maschinelle Übersetzung an erster Stelle. Sprachdienstleister sind ein überaus wichtiger Teil der Übersetzungslieferkette. Wenn sie also bereits maschinelle Übersetzung nutzen (oder zumindest erste Schritte dazu unternehmen), ist es nur natürlich, dass auch ihre Kunden und Dienstleister dieser Entwicklung folgen.

Ein Blick in die Zukunft

Je mehr freiberufliche Übersetzer:innen maschinelle Übersetzung einsetzen, desto mehr Erfolgsgeschichten wird es geben. Dadurch wiederum werden noch mehr Menschen diese Technologie anwenden – ein unaufhaltsamer Aufstieg. Maschinelle Übersetzung wird mittlerweile in jedem Bereich der Lieferkette eingesetzt. Doch was bedeutet das nun für Übersetzer:innen?

Angesichts der Geschwindigkeit, mit der weltweit Inhalte erstellt werden, wird maschinelle Übersetzung auch künftig eine wichtige Rolle spielen – schließlich wird Unternehmen dadurch ermöglicht, bisher nicht dafür in Betracht gezogene Inhalte kostengünstig zu übersetzen. Darüber hinaus nimmt die Qualität maschineller Übersetzungen immer mehr zu: In wenigen Monaten werden mittlerweile größere Verbesserungen erzielt als bei älteren Engines für maschinelle Übersetzung in Jahren. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass es auch künftig solch enorme Verbesserungen wie in den letzten zehn Jahren geben wird. Viel eher werden wir schrittweise Verbesserungen sehen. Nehmen wir unsere MT als Beispiel: Durch die Sprachpaarverkettung mit Englisch als Pivot-Sprache haben Trados-Benutzer:innen nun Zugriff auf bis zu 3.000 Sprachkombinationen für neuronale maschinelle Übersetzung. Eine schrittweise Verbesserung, die Endanwender:innen enorme Vorteile bringt. Manche Übersetzer:innen sehen Innovationen wie diese als Bedrohung für ihren Berufsstand an, doch dafür gibt es keinen Grund. Denn mit zunehmender Verwendung maschineller Übersetzung wird auch die Nachfrage nach entsprechend geschulten Übersetzer:innen steigen. Dann wird die grundlegende Übersetzung mithilfe einer MT-Engine angefertigt, und der/die Fachübersetzer:in prüft sie anschließend gründlich und verpasst ihr den letzten Schliff. 

Für Übersetzer:innen ist es also wichtiger denn je, sich als Spezialist:innen in ihrem jeweiligen Bereich hervorzutun. Diejenigen, die sich nicht spezialisieren und Aufträge aus allen Bereichen annehmen, werden sich möglicherweise schwerer tun, Arbeit zu finden. Auf bestimmte Fachgebiete spezialisierte Übersetzer:innen können zudem mehr für ihre Dienste berechnen und sich von der Masse abheben.

Und auch durch neue Tools und Technologien, die die Produktivität steigern und kürzere Lieferfristen ermöglichen, verschaffen Übersetzer:innen sich einen Wettbewerbsvorsprung. Technologien wie maschinelle Übersetzung ersetzen somit nicht das Fachwissen oder die Kreativität von Übersetzer:innen, sondern verhelfen ihnen vielmehr zu höherer Produktivität und Effizienz.

Wenn dieser Blog Ihr Interesse an maschineller Übersetzung geweckt hat, probieren Sie es doch einfach in Trados Studio aus! Alle Studio-Kontos haben Zugriff auf neuronale maschinelle Übersetzung und umfassen ein Kontingent von 6 Millionen Zeichen pro Jahr, die kostenlos übersetzt werden können.

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Product Marketing Manager
Nicole Loney hat seit ihrem Abschluss an der Aberystwyth University im Jahr 2015 einen akademischen und professionellen Marketing-Hintergrund und ist nun Product Marketing Manager für Trados. Nicoles Fokus liegt auf den Märkten für freiberufliche Übersetzer:innen und Sprachdienstleister. Sie ist für die Einführung neuer Produkte, die Erstellung produktorientierter Inhalte und die Durchführung von Marktforschung verantwortlich. Dank ihres Abschlusses in Marketing und Französisch hat Nicole eine Leidenschaft für das Verbraucherverhalten entwickelt, um zu verstehen, was die Kund:innen brauchen, und sie auf die richtigen Lösungen zu verweisen.
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