Nützliche Tipps zur schnelleren Dateivorbereitung, die Sprachdienstleister an ihre Kunden weitergeben können

Tom Imhof 17. Nov. 2022 Lesezeit 10 Min.
Nützliche Tipps zur schnelleren Dateivorbereitung, die Sprachdienstleister an ihre Kunden weitergeben können

In den letzten 10 Jahren hat die Dateityp-Unterstützung in modernen Übersetzungsumgebungen wie Trados Studio rasante Fortschritte gemacht. Daher können heute die meisten Dokumente, die zur Übersetzung eingereicht werden, problemlos geöffnet und übersetzt werden, ohne dass eine weitere Vorbereitung oder Nachbearbeitung erforderlich wäre. Früher gehörte dies zu den täglichen Aufgaben beim Übersetzungsprozess. Doch selbst heute sind die Ergebnisse in einigen Fällen immer noch nicht optimal. So kann es beispielsweise vorkommen, dass Sätze in der Mitte abgeschnitten sind und im nächsten Segment fortgesetzt werden. Das erschwert die Übersetzung ganz beträchtlich. 

Die Herausforderungen bei der Vorbereitung schwieriger Dateien

Wenn Dateien schwer zu verarbeiten sind, kann es manchmal sehr lange dauern, bis sie im Übersetzungseditor geladen werden – sofern sie sich überhaupt öffnen lassen. Und nach dem Öffnen müssen Übersetzer:innen mitunter bei jedem Wechsel von einem Segment zum anderen mehrere Sekunden lang warten. Es kann auch passieren, dass ein Kunde sich beschwert, weil Text übersetzt wurde, der nicht hätte übersetzt werden dürfen, oder – was noch schlimmer ist – weil Inhalte überhaupt nicht übersetzt wurden (d. h., sie waren im Übersetzungseditor gar nicht zu sehen). Übersetzer:innen, die in Doppelbyte-, Rechts-nach-links- und osteuropäische Sprachen übersetzen, stellen unter Umständen fest, dass der übersetzte Text im zielsprachlichen Dokument unleserlich ist oder gar nicht angezeigt wird. Ein weiteres häufig auftretendes Problem: Das Layout des übersetzten Dokuments ist völlig durcheinandergeraten, und es muss viel Zeit darauf verwendet werden, es nach der Übersetzung zu bereinigen. 

Kurz gesagt: Wir sind noch weit von einem hundertprozentig problemlosen Übersetzungsprozess entfernt. In vielen Fällen ist ein erheblicher technischer Aufwand erforderlich, um Dokumente übersetzbar zu machen oder Layout-Probleme nach der Übersetzung zu beheben. Woran liegt das, und wie können wir den Kunden helfen, böse Überraschungen wie diese in Zukunft zu vermeiden oder zumindest zu minimieren?

Zeitsparende Tipps zur Dateivorbereitung, die Sie an Ihre Kunden weitergeben können

Im Folgenden finden Sie einige nützliche Tipps mit allgemeinen Empfehlungen, die Sie an Ihre Kunden weitergeben können. So helfen Sie ihnen dabei, von Anfang an optimale Übersetzungsergebnisse für ihre Dokumente zu gewährleisten. (Ihre Projektmanager:innen werden es Ihnen danken.) Die meisten davon sollten bei der Erstellung der Inhalte berücksichtigt werden, d. h. bei der Texterstellung.
  1. Erstellen Sie keine gigantischen Dokumente mit einer Dateigröße von mehreren Hundert Megabyte. Teilen Sie die Inhalte lieber in kleinere Einzeldateien auf, um Speicherprobleme auf dem PC von Übersetzer:innen zu vermeiden. In modernen Übersetzungsumgebungen wie Trados Studio wird der Text aus dem ausgangssprachlichen Dokument extrahiert und zur Übersetzung in ein zweisprachiges Zwischendokument eingefügt. Dieses Dokument enthält den Ausgangstext und den von den Übersetzer:innen erstellten Zieltext. Dadurch verdoppelt sich der Textumfang, und die Datei kann sehr groß werden.
  2. Lassen Sie beim Layout Platz für den übersetzten Text, der in den meisten Fällen länger wird. Romanische Sprachen wie Französisch, Spanisch, Portugiesisch und Italienisch, aber auch osteuropäische Sprachen wie Polnisch, Russisch, Kroatisch, Serbisch usw. führen beispielsweise im Vergleich mit den gleichen englischen Inhalten zu einer erheblichen Textexpansion. Daher passt der übersetzte Text in vielen Fällen vielleicht nicht mehr ordentlich und sauber in das vorhandene Layout. 
  3. Vermeiden Sie Text auf Bildern (JPG, PNG, TIFF), da er in vielen Fällen nicht zur Übersetzung extrahiert werden kann. Beim Generieren der zu übersetzenden Inhalte sollten Sie nicht die Textfunktionen von Grafikanwendungen wie Adobe Illustrator oder Photoshop verwenden. Nutzen Sie stattdessen InDesign, Word, FrameMaker usw., und verwenden Sie die Grafikanwendung nur für die visuellen Inhalte. 
  4. Vermeiden Sie Absatzmarken mitten im Satz. Verwenden Sie lieber bedingte Zeilenumbrüche. Denken Sie daran, dass der übersetzbare Text beim Importieren in einen Übersetzungseditor segmentiert wird. Der Übersetzungseditor teilt ihn in kleinere Einheiten auf, sodass z. B. jeder Satz in einem eigenen Segment steht. Wenn Sie beim Layout eines Dokuments Absatzmarken verwenden, werden die Segmente in der Mitte abgeschnitten, und die Übersetzung wird zum Albtraum. 
  5. Verwenden Sie Formatvorlagen und vermeiden Sie manuelle Formatierungen beim Layout. Nehmen Sie für Einzüge keine Leerzeichen oder Tabulatorzeichen, sondern wenn möglich Formatvorlagen mit automatischem Einzug. 
  6. Wenn Sie im Rahmen Ihrer Corporate Identity eine Unternehmensschriftart auswählen, sollten Sie im Voraus überlegen, ob Sie Inhalte lokalisieren wollen und in welche Sprachen diese übersetzt werden müssen. Entscheiden Sie sich für eine Unternehmensschriftart, die alle Zeichensätze der Sprachen unterstützt, in die Ihre Inhalte übersetzt werden sollen.
  7. Schicken Sie möglichst keine PDF-Dateien zur Übersetzung. Offene Formate sind besser. Selbst wenn die Inhalte in vielen Fällen aus generierten oder eingescannten PDF-Dateien extrahiert werden können, sieht das Layout am Ende nicht so gut aus wie bei Verwendung des zugrunde liegenden offenen Textformats. 
  8. Vermeiden Sie das Einbetten von PDF-Dokumenten in das Hauptdokument. Betten Sie stattdessen die offenen Formate ein, die in den meisten Fällen in den Übersetzungseditor importiert werden können. 
  9. Überlegen Sie, bevor Sie die Dokumente zur Übersetzung senden, welcher Text übersetzt werden soll und welcher nicht. Weisen Sie die Übersetzer:innen oder den Sprachdienstleister unbedingt darauf hin. Moderne Übersetzungsumgebungen wie Trados Studio verfügen über viele Funktionen, mit denen Übersetzer:innen Text für die Übersetzung ein- oder ausschließen können. So steuern sie, welche Teile des Dokuments zur Übersetzung importiert und welche ignoriert werden.
Zusätzlich zu meinen allgemeineren Empfehlungen finden Sie im Folgenden einige nützliche Informationen zum Umgang mit ganz bestimmten Dateitypen.

So verarbeiten Sie CMS-Inhalte
 
Beim Exportieren von Inhalten zur Übersetzung aus einem CMS (Content Management System) oder PIM (Produktinformationsmanagement) ist XML grundsätzlich besser geeignet als Excel. Selbst im Jahr 2019 können Excel-Zellen noch eine maximal zulässige Zeichenzahl enthalten. Wenn der Text dann in der übersetzten Version länger wird, passt er möglicherweise nicht mehr in die Excel-Zellen mit der Längenbegrenzung und wird daher abgeschnitten. XML lässt sich außerdem im Vergleich zu eingebetteten HTML-Codes in Excel-Zellen viel einfacher für ein übersetzbares Format konfigurieren. In den meisten Fällen ist auch die Segmentierung im Übersetzungseditor mit XML von vornherein besser.

Tipps für die Verarbeitung von Dateien aus Desktop-Publishing-Anwendungen
 
Wenn Sie Dateien aus Desktop-Publishing-Software wie InDesign und QuarkXPress erhalten, sollten Sie die folgenden Best Practices befolgen: 
  1. Verwenden Sie Schichten, um den zu übersetzenden Text von Text zu trennen, der nicht übersetzt werden soll.
  2. Erstellen Sie Tabellen mit dem integrierten Tabelleneditor, anstatt Tabulatorzeichen zu verwenden. Lassen Sie genügend Platz für längere Tabellenüberschriften in der Übersetzung. 
  3. Vermeiden Sie die Erstellung mehrsprachiger Dokumente (eine Schicht pro Sprache), weil die Dokumente dadurch größer werden und sich auf Computern mit niedrigeren Spezifikationen schwieriger bearbeiten lassen. Und was noch wichtiger ist: Wenn ein solches Dokument in mehrere Sprachen übersetzt werden soll, kann die Übersetzung nur sequentiell erfolgen, d. h. für eine Sprache nach der anderen. Sie können dasselbe Dokument nicht ohne Weiteres an mehrere Übersetzer:innen senden, um es gleichzeitig in mehrere Sprachen übersetzen zu lassen, und alle übersetzten Versionen anschließend in derselben Datei wieder zusammenführen. In diesem Fall ist es viel einfacher, mit einem Dokument pro Sprache zu beginnen.

Tipps für die Verarbeitung von Dateien aus Microsoft Office-Anwendungen

  1. Vermeiden Sie lange Textblöcke in Tabellenzellen – in Excel gilt eine Längenbeschränkung von 32.767 Zeichen pro Zelle. 
  2. Trennen Sie in MS Word oder PowerPoint den zu übersetzenden Text von Text, der nicht übersetzt werden soll, indem Sie Formatvorlagen oder die Funktion für ausgeblendeten Text nutzen. Geben Sie bei Excel-Dokumenten immer an, welche Zeile/Spalte den zu übersetzenden Text enthält und in welchen Zeilen/Spalten der Text nicht übersetzt werden soll. Sie dürfen Spalten oder Zeilen, die übersetzt werden sollen, nicht reduzieren oder ausblenden, weil sie dann nicht in den Übersetzungseditor importiert werden. 
  3. Vermeiden Sie beim Arbeiten mit Makros, dass übersetzbarer Text im VBA-Code hartcodiert wird. 
  4. Nehmen Sie möglichst alle nachverfolgten Änderungen an, bevor Sie die Dokumente zur Übersetzung geben.
  5. Verwenden Sie statt der alten Binärdateiformate (DOC, XLS und PPT) die modernen Äquivalente (DOCX, XLSX, PPTX). 
  6. Vermeiden Sie, wenn irgend möglich, die Verwendung von Microsoft Publisher. Nehmen Sie lieber InDesign (oder QuarkXPress), weil es derzeit keinen zuverlässigen Dateitypfilter für MS Publisher gibt. Das Übersetzen dieser Dokumente ist daher immer mit mühsamer Nachbearbeitung verbunden.
Alex Rodrigues
AUTOR

Tom Imhof

Senior Business Consultant, Localix
Tom Imhof arbeitet seit vielen Jahren in der Übersetzungsbranche. Er begann seine Karriere als russischer Übersetzer und Terminologe. 2009 gründete er mit localix.biz sein eigenes Beratungsunternehmen für Sprachtechnologie. Seitdem arbeitet er mit Unternehmen, Sprachdienstleistern und Freiberufler:innen zusammen, um sie bei der Integration von Übersetzungstechnologie in ihre Prozesse zu unterstützen.
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